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Weißbuch

Apparat TEI Download PDF Download

Rieger, Lisa; lrieger@edu.aau.at / Klug, Helmut W.; helmut.klug@uni-graz.at / Bleier, Roman; roman.bleier@uni-graz.at

Unter einem Apparat im engeren Sinn versteht man in der Editionswissenschaft „die am Fuß der Seiten, im Anhang […], bei mehrbändigen Reihen auch zu e. Sonderband zusammengefaßten(!) textkrit. Anmerkungen“ (Wilpert 2001, S. 41), im weiteren Sinn jedoch alles, „was nicht direkt als zusammenhängend gedruckter Edierter Text wiedergegeben ist“ (Scheibe 1988, S. 89). Abgesehen von seinen Hauptbestandteilen, der Beschreibung von Überlieferung und Textkonstitution sowie dem Variantenverzeichnis, kann er auch Informationen zur Entstehungs-, Text- und Wirkungsgeschichte, Register und Erläuterungen enthalten. (Scheibe 1988, S. 89) Neben dem Edierten Text gilt er als wichtigster Bestandteil einer historisch-kritischen Edition (Träger 1986, S. 37)

In der Geschichte der Editionswissenschaft wurden dem Apparat, je nach vorherrschender Auffassung, in ihrer Zahl und Aufgabenstellung unterschiedliche Funktionen zugesprochen. (Plachta 1996, S. 31–38) Heute zählt in historisch-kritischen Editionen zu seinen wichtigsten Aufgaben die detaillierte Dokumentation der Textgenese, damit der Leser nicht auf die überlieferten Originaldokumente angewiesen ist. Der genaue Aufbau des Apparats wird jedoch sowohl von den Eigenschaften des zu edierenden Textes und der Arbeitsweise des Autors als auch vom mit der Edition verfolgten Ziel bestimmt: Auswahlapparat, Einblendungsapparat, Einzelstellenapparat, Emendationsapparat, Fußnotenapparat, Kolumnenapparat, Lemmaapparat, Positiver Apparat, Similienapparat, Stufenapparat, Synoptischer Apparat, Testimonienapparat, Variantenapparat, Zweitapparat (vgl. die jew. Stichwörter in Edlex).

Für die Gestaltung des Apparats im engeren Sinn gibt es folgende Möglichkeiten:

1. Einzelstellenapparat: eignet sich für die Dokumentation von nicht komplexen Textabweichungen und Korrekturen und kann als ‘positiver’ oder ‘negativer’ Apparat vorkommen. Im positiven Apparat erfolgt die Angabe der jeweiligen Varianz inkl. einer Sigle für den Textträger bzw. Schreiber in einer eckigen Klammer direkt nach dem Lemma aus dem edierten Text, im negativen Apparat wird sie ohne Lemma angeführt. Korrekturen in den Dokumenten können durch eine Zeichenkombination für den jeweiligen Korrekturvorgang ergänzt werden.

2. Einblendungsapparat: Korrekturvorgänge werden mit Hilfe einer Zeichenkombination und evtl. einer Sigle für Schreiber und Schreibmaterial direkt im fortlaufenden Text angegeben. Er eignet sich zur Beschreibung der Genese eines Textträgers oder mehrerer Textträger mit wenigen Abweichungen.

3. Treppenapparat: Korrekturvorgänge werden mit einer aufsteigenden Ziffern- oder Buchstabenfolge chronologisch geordnet, wobei die höhere Textstufe die ihr vorangehende aufhebt. Der Treppenapparat eignet sich für Textträger mit zahlreichen Anmerkungen und sowohl sofortigen als auch späteren Korrekturen.

4. Synoptischer Apparat: Dieser führt zuerst die Grundform des Textes an und ergänzt diese anschließend um eine parallele Wiedergabe sämtlicher überlieferter Korrekturen, Varianten und Ergänzungen, die jeweils einen Verweis auf die betroffene Zeile des edierten Textes und eine Sigle für den Textträger erhalten. Der synoptische Apparat eignet sich für Arbeitsprozesse, die sich auf zahlreiche Textträger oder Textstufen verteilen. (Plachta 1996, S. 99–107)

Der Umfang des Apparats bestimmt auch die Zuordnung zu bestimmten Editionstypen: Befolgt eine Edition zwar die wissenschaftlichen Prinzipien der Textkonstitution, kann in ihrem Apparat die Textgenese jedoch nicht dem Standard entsprechend wiedergeben, stellt sie nicht mehr eine ‘historisch-kritische’, sondern eine rein ‘kritische’ Edition dar. (Hagen 1988, S. 46)

Die TEI beschreibt im Kapitel 12 der Guidelines, wie Überlieferungsvarianten mithilfe von XML/TEI (u. a. <app>, <rdg>) modelliert werden können. Im Rahmen digitaler Editionen ist z. B. eine Herausforderung, das herkömmliche Layout des Buches auf die Darstellung im Web zu übertragen oder die Kommentardaten mithilfe von Webtechnologien darzustellen. Ein Beispiel für die klassische Anzeige eines mehrstöckigen Apparates im Rahmen einer Digitalen Edition findet sich z. B. auf der Website Lyrik des deutschen Mittelalters oder als interaktive Anzeige bei Saint Patrick’s Confessio oder mit Hilfe der Editionssoftware EVT realisiert: Edizione Logica Avicennae.

Literatur:

Zitiervorschlag:

Rieger, Lisa; Klug, Helmut W.; Bleier, Roman. 2021. Apparat. In: KONDE Weißbuch. Hrsg. v. Helmut W. Klug unter Mitarbeit von Selina Galka und Elisabeth Steiner im HRSM Projekt "Kompetenznetzwerk Digitale Edition". Aufgerufen am: . Handle: hdl.handle.net/11471/562.50.32. PID: o:konde.32