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Weißbuch

Mikrogenese (Fokus: Literaturwissenschaft – Bsp. Musil) TEI Download PDF Download

Fanta, Walter; walter.fanta@aau.at / Boelderl, Artur R.; artur.boelderl@aau.at

Aspekte der Mikrogenese (vgl. Textgenese) manifestieren sich als Textrevisionen auf der einzelnen Seite – als Streichungen <del> und Einfügungen <add>. Die Hierarchieebenen der Streichungsprozeduren werden mit einem nummerierten Attributwert level angegeben, nach dem Muster <del status="level_n">; entsprechend sind auch die Einfügungen hierarchisiert. Für den Fall von Überlappungen ist die Zuhilfenahme der leeren Elemente <delSpan> bzw. <addSpan> vorgesehen. Werden Ersetzungen größerer gestrichener Textblöcke auf weiteren Seiten (Beiblättern) vorgenommen und beispielsweise mit Verweiszeichen kenntlich gemacht, die den ersetzenden Text dem gestrichenen zuordnen, wird das Element <metamark> verwendet, um sowohl die Prozedur selbst anzuzeigen als auch die Verknüpfung zu gewährleisten (Bsp. 1). Bei Umstellung wird das Element <seg> für die Markierung des Textbereiches verwendet und gegebenenfalls das Element <metamark> für die Verzeichnung von Umstellungssignalen (Bsp. 2). Auch die Annotation der Setzung von Alternativvarianten erfolgt mittels <seg> (Bsp. 3). Für nicht zum Entwurfstext gehörende Randbemerkungen (schreibtechnische Anmerkungen, Kommentare, Reflexionen) wird <note place="margin" resp="author"> verwendet.

Für die Annotation der Schreibmaterialverwendung kann nicht einfach das sonst in der TEI gebräuchliche Element <handShift> herangezogen werden, da das zu annotierende Phänomen nicht immer ein Wechsel der Schreiberhand ist, sondern ihr Hinzukommen in zeitlichem Abstand von der Entstehung der Grundschicht steht, deren Schreiberhand auf einer übergeordneten Ebene – im <teiHeader> unter <msDesc> <msPart> bei der Zuordnung der Manuskripttype – verzeichnet ist. Daher gelangt in den Elementen <del>, <add>, <note> und <seg>, welche die Korrekturschicht markieren, der Attributwert @hand zum Einsatz; bei <metamark> ist @hand nicht zulässig, da erfolgt das Markup mit @rend. Als Attributwert wird ein Kürzel für die jeweilige Schreiberhand zugeordnet, das im <teiHeader> im Bereich <profileDesc> <handNotes> aufgelöst wird (Bsp. 4). Für die möglichst exakte Beschreibung des Zeicheninstrumentariums von Revisionen findet das Attribut @rendition Verwendung, die Kürzel der Attributwerte sind im <teiHeader> im Bereich <encodingDesc> <tagsDecl> aufgelöst (Bsp. 5).

Zur kompakteren Gestaltung des Modells wäre eine Typisierung der Schreibakte denkbar, indem zugehörige Elemente und Attribute in einer hierarchischen Ordnung in Klassen zusammengefasst werden. Die Anregung dazu gibt ein Modell, das Clausen/Klug (2019, S. 144–149) anhand von mittelalterlichen Codices entwickelt haben. Auf das Beispiel Musil übertragen, ließe sich eine vierstufige Hierarchie definieren: Schreibakte / Elemente / Attribute / Attributwerte. Für die Annotationen auf jeder Ebene würde eine vereinfachte Form definiert werden. Aus den Kombinationen innerhalb einer Zeichenkette würden unterschiedliche Typen von Revisionsakten identifiziert werden können, wertvoll für die entsprechende Präsentation an der Benutzerschnittstelle (z. B. in Form eines Web-Interface bzw. im weiteren Sinne die (grafische) Präsentationsplattform, über die Nutzer*innen auf die Repräsentationsdaten zugreifen bzw. diese dargeboten bekommen) und für die maschinelle Nachnutzung zu Analysezwecken. Eine solche Kette wäre z. B.: TRA.NUM.MAR.INK für eine Umstellung, die Musil durch Nummerierung am Rand vornahm.

Bsp. 1:

<metamark function="reference" xml:id="T_0107025-1"/> …
<metamark function="reference" corresp="#T_0107025-1"/>

Bsp. 2:

<seg rend="before" type="transposition" xml:id="T_xxxxxxx-n"> … </seg> … 
<seg rend="after" type="transposition" corresp="#T_xxxxxxx-n"> … </seg>
<metamark function="reference" place="margin"> … </metamark>

Bsp. 3:

Wenn sich zu einer Phrase xxx im Haupttext am Rand die nicht als Korrektur realisierten alternativen Phrasen yyy und zzz finden, wird dies so kodiert:

<seg type="variant">xxx</seg> … <add place="variant">
<seg type="variant">yyy</seg> <seg type="variant">zzz</seg></add>

Bsp. 4:

<seg hand="#hn_1"/> im <body> mit <handNote
medium="pencil" xml:id="hn_1">Bleistift</handNote> im
<tei-Header>

Bsp. 5:

<seg type="hi" rendition="#r_7"/> als 
<rendition xml:id="r_7">geschweifte Klammer rechts</rendition>

Dieser Beitrag wurden im Kontext des FWF-Projekts "MUSIL ONLINE – interdiskursiver Kommentar" (P 30028-G24) verfasst.

Literatur:

  • Clausen, Hans; Klug, Helmut. 2019. Schreiberische Sorgfalt: Der Einsatz digitaler Verfahren für die textgenetische Analyse mittelalterlicher Handschriften. In: Textgenese in der digitalen Edition. Hrsg. von Anke Bosse und Walter Fanta. Berlin, Boston, S. 139–151.

Zitiervorschlag:

Fanta, Walter; Boelderl, Artur R. 2021. Mikrogenese (Fokus: Literaturwissenschaft – Bsp. Musil). In: KONDE Weißbuch. Hrsg. v. Helmut W. Klug unter Mitarbeit von Selina Galka und Elisabeth Steiner im HRSM Projekt "Kompetenznetzwerk Digitale Edition". Aufgerufen am: . Handle: hdl.handle.net/11471/562.50.26. PID: o:konde.26