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Weißbuch

Freie Werknutzungen TEI Download PDF Download

Scholger, Walter; walter.scholger@uni-graz.at

Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler finden sich üblicherweise sowohl in der Rolle der Urheberin bzw. des Urhebers eigener als auch in der Rolle der Benutzerin bzw. des Benutzers fremder Werke wieder.

Die Verwertungsrechte an Werken liegen grundsätzlich einzig und allein bei der Urheberin oder dem Urheber. Das wiederum würde den Zugang zu wissenschaftlichen Erkenntnissen erheblich einschränken, weswegen der Gesetzgeber bereits im Urheberrechtsgesetz eine Reihe von ‘Freien Werknutzungen’, also gesetzlich festgelegten Ausnahmen vom Urheberrecht, festgelegt hat, die wie Lizenzen zu betrachten sind (vgl. Lizenzmodelle).

Im Folgenden werden jene Regelungen angeführt, die im Kontext digitaler wissenschaftlicher Publikationen am häufigsten zur Anwendung kommen:

Forscherinnen und Forscher dürfen im Rahmen ihrer wissenschaftlichen Tätigkeit fremde Werke zu ihrem eigenen Gebrauch in digitaler Weise vervielfältigen, solange die Vervielfältigung keinem kommerziellen Zweck dient – eine Vervielfältigung in einer erwerbsorientierten Publikation ist also nicht zulässig. Wird eine rechtswidrig hergestellte oder der Öffentlichkeit zur Verfügung gestellte Vervielfältigung einer Quelle verwendet, ist der Gebrauch ebenfalls rechtswidrig. Zu beachten ist hierbei, dass diese Ausnahme (UrhG §42 (2)) lediglich für die Vervielfältigung (d. h. den Download) gilt, aber keine Zurverfügungstellung (d. h. Upload) gestattet!

Die häufigste freie Werknutzung im digitalen Publikationsprozess ist das wissenschaftliche Zitat. Auch bei einem Zitat (UrhG §42f.) handelt es sich zunächst einmal stets um die Vervielfältigung eines fremden Werkes. Diese ist insbesondere dann zulässig, wenn einzelne fremde Werke “in ein die Hauptsache bildendes wissenschaftliches Werk” (UrhG §42f. Abs1) aufgenommen werden. Derselben Systematik folgend dürfen Werke der bildenden Künste (Grafiken, Fotografien, …) “nur zur Erläuterung des Inhaltes” (UrhG §42f. Abs1) in ein solches Werk aufgenommen werden. Anders als bei der zuvor genannten Ausnahme ist hier neben der Vervielfältigung auch die Zurverfügungstellung gestattet.

Eine besondere Stellung im wissenschaftlichen Bereich nimmt das Zweitveröffentlichungsrecht (UrhG §37a), das Urheberinnen und Urhebern wissenschaftlicher Beiträge gestattet, ihre Beiträge “nach Ablauf von zwölf Monaten seit der Erstveröffentlichung in der akzeptierten Manuskriptversion öffentlich zugänglich zu machen, soweit dies keinem gewerblichen Zweck dient” (UrhG §37a), sofern sie eine Reihe zuvor genannter Bedingungen erfüllen.

Literatur:

  • Burgstaller, Peter. 2017. Urheberrecht für Lehrende: Ein Leitfaden für die Praxis mit 80 Fragen und Antworten. Aktuelles Urheberrecht. Wien.
  • Klimpel, Paul; Weitzmann, John H. 2014. Forschen in der digitalen Welt. Juristische Handreichung für die Geisteswissenschaften. Göttingen.
  • Scholger, Walter. 2020. Urheberrecht und offene Lizenzen im wissenschaftlichen Publikationsprozess. In: Publikationsberatung an Universitäten.Ein Praxisleitfaden zum Aufbau publikationsunterstützender Services. Hrsg. von Christian Kaier, Karin Lackner und Lisa Schilhan. Bielefeld, S. 123–147.
  • Walter, Michael M. 2015. UrhG mit den Novellen 2009-2015, Internationales Privatrecht, Urheberrechtliche EU-Richtlinien: Mit der neueren Rechtsprechung der österreichischen Gerichte und des Gerichtshofs der Europäischen Union. Urheber- und Verwertungsgesellschaftenrecht‚ 15: Textausgabe mit Kurzkommentaren 1. Wien.
  • RIS - Urheberrechtsgesetz - Bundesrecht konsolidiert, Fassung vom 20.01.2021. URL: https://www.ris.bka.gv.at/GeltendeFassung.wxe?Abfrage=Bundesnormen&Gesetzesnummer=10001848

Zitiervorschlag:

Scholger, Walter. 2021. Freie Werknutzungen. In: KONDE Weißbuch. Hrsg. v. Helmut W. Klug unter Mitarbeit von Selina Galka und Elisabeth Steiner im HRSM Projekt "Kompetenznetzwerk Digitale Edition". Aufgerufen am: . Handle: hdl.handle.net/11471/562.50.222. PID: o:konde.222