Textkritik in Digitalen Editionen Isabella Schwentner Projektleitung Helmut W. Klug Datenmodellierung Selina Galka Datenmodellierung Elisabeth Steiner Bundesministerium für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft Zentrum für Informationsmodellierung - Austrian Centre for Digital Humanities, Karl-Franzens-Universität Graz Austria Zentrum für Informationsmodellierung - Austrian Centre for Digital Humanities, Karl-Franzens-Universität Graz Austria GAMS - Geisteswissenschaftliches Asset Management System Creative Commons BY 4.0 2021 Graz o:konde.192 KONDE Weißbuch Projektleitung Helmut W. Klug Weißbuchartikel: Textkritik in Digitalen Editionen Isabella Schwentner Herausgegeben von Helmut W. Klug unter Mitarbeit von Selina Galka und Elisabeth Steiner 2021 Austria KONDE Weißbuch

Im KONDE-Projekt, das aus Hochschulraumstrukturmitteln finanziert wird, beschäftigten sich sieben universitäre Partner und drei weitere Einrichtungen aus unterschiedlichen Blickwinkeln mit theoretischen und praktischen Aspekten der Digitalen Edition. Ein Outcome des Projektes stellt das Weißbuch dar, welches über 200 Artikel zum Thema Digitale Edition umfasst. Die behandelten Themenkomplexe reichen dabei über Digitale Editionswissenschaft im Allgemeinen, Annotation und Modellierung, Interfaces, Archivierung und Metadaten bis hin zu rechtlichen Aspekten.

Deutsch
Textkritik in Digitalen Editionen
Schwentner, Isabella; isabella.schwentner@univie.ac.at

Zentrale Aufgaben der Textkritik sind das Suchen und Sichten von Überlieferungsträgern, die editorische Überprüfung von Texten auf ihre Authentizität sowie deren Bereitstellung in zuverlässiger Gestalt. Ziel ist die Erarbeitung einer wissenschaftlichen, meist einer historisch-kritischen Edition. (Bohnenkamp 1996, S. 179–203; Plachta 2006, S. 139)

Je nach Entstehungszeit und Überlieferungsbedingungen des Textes werden dafür unterschiedliche Methoden (Heuristik, Kollation, Recensio, Examinatio, Emendatio) eingesetzt. Während die Textkritik bei antiken und mittelalterlichen Texten einen Archetyp zu rekonstruieren versuchte, konzentriert sich die moderne Textkritik auf die Analyse und kritische Sichtung der vorliegenden originalen Überlieferungsträger (wie etwa Manuskripte, Typoskripte, autorisierte Drucke, aber auch Vorarbeiten, Vorstufen u. Entwürfe) und späterer Drucke in Hinblick auf Textfehler und -verderbnisse (Schreibversehen oder Irrtümer der Autorin oder des Autors, fehlerhafte Abschriften, Druckfehler, Herausgebereingriffe, Zensur). (Bohnenkamp 1996, S. 185f.)

Gedruckte wie auch Digitale Editionen sollen zunächst den durch textkritische Methoden geprüften und edierten Text präsentieren, wobei z. B. für die Kollation auf bestimmte Software-Tools wie CollateX, Juxta-Commons, TUSTEP oder Versioning Machine etc. zurückgegriffen werden kann. In der Digitalen Edition kann der edierte Text mit unterschiedlichen Anzeigemodi und Visualisierungen präsentiert werden.

Als eine der wichtigsten editorischen Aufgaben gilt es, die Genese eines Textes über mehrere Bearbeitungsstufen hinweg in einem kritischen Apparat nachvollziehbar zu machen. (Plachta 2006, S. 99) Die französische critique génétique propagierte früh, dass sich Textgenese in Digitalen Editionen einfacher und besser veranschaulichen lasse. (Grésillon 1999, S. 244ff.) Das auf diese Theorie zurückgehende Konzeptpapier der TEI An Encoding Model for Genetic Editions enthält Elemente zur Beschreibung von textgenetischen – vornehmlich mikrogenetischen – Phänomenen wie Textmodifikationen (Hinzufügungen, Streichungen, Sofortkorrekturen etc.), Umstellungen, Verweise etc. Weitere Spezifizierungen finden sich in drei Kapiteln der TEI -Guidelines:

Kapitel 10: Manuscript Description ist relevant für die Beschreibung von Textzeugen, vornehmlich Handschriften [Handschriftenbeschreibung]. Kapitel 11: Representation of Primary Sources bietet Kodierungsvorschläge für Transkriptionen von Handschriften, um Textmodifikationen auszeichnen zu können, wie etwa: Streichungen <del>, Hinzufügungen <add>, Umstellungen <transpose>, Einfügezeichen <metamark> etc.; ebenso ist es möglich, fehlerhafte Stellen mit <sic> und Korrekturvorschläge mit <corr> zu markieren. Kapitel 12: Critical Apparatus zeigt Strategien und Mittel zur Auszeichnung von Textvarianz – z. B. in verschiedenen Drucken – im textkritischen Apparat (<app>).

XML-TEI hat sich als Markup-Instrument in der digitalen Editionspraxis etabliert, wobei es nicht für alle Phänomene befriedigende Lösungen gibt – so werden etwa die unzureichenden Auszeichnungsmöglichkeiten von makrogenetischen Beziehungen problematisiert. (Bosse/Fanta 2019, IX)

An Encoding Model for Genetic Editions 2014-07-25T12:38:08Z http://www.tei-c.org/Activities/Council/Working/tcw19.html Textkritik und Textedition Anne Bohnenkamp Grundzüge der Literaturwissenschaft. Hg. von Heinz Ludwig Arnold und Heinrich Detering 179–203 1996 Textgenese in der digitalen Edition 978-3-11-057426-5 800 Anke Bosse Walter Fanta Berlin De Gruyter 2019 Beihefte zu Editio 45 Literarische Handschriften: Einführung in die "critique génétique" Literarische Handschriften 978-3-906760-65-0 PN81 .G73415 1999 Almuth Grésillon Dt. Übersetzung von dies.: Élément de critique génétique. Lire des manusricts moderne. Paris: CNRS Edition 2016 Bern P. Lang 1999 Arbeiten zur Editionswissenschaft 4 Textgenese und digitales Edieren. Wolfgang Koeppens "Jugend" im Kontext der Editionsphilologie Katharina Krüger Elisabetta Mengaldo Eckhard Schumacher Berlin, Boston de Gruyter 2016 Textgenetische Edition Gunter Martens Hans Zeller Tübingen Niemeyer 1998 Beihefte zu editio 10 Editionswissenschaft. Eine Einführung in Methode und Praxis der Edition neuerer Texte Editionswissenschaft 3-15-017603-4 Bodo Plachta Reclam 1997 TEI: P5 Guidelines TEI Guidelines Text Encoding Initiative http://www.tei-c.org/Guidelines/P5/
CollateX Juxta-Commons Oxygen TUSTEP Versioning Machine Lera
critique génétique Digitale Edition genetische Edition historisch-kritische Edition Kollation kritischer Apparat Markup Makrogenese Mikrogenese TEI Textgenese Kommentar Transkription Visualisierungstools Datenvisualisierung
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