KONDE - Kompetenznetzwerk Digitale Edition

Weißbuch

Documentary Editing TEI Download PDF Download

Vogeler, Georg; georg.vogeler@uni-graz.at

Documentary Editing ist ein in den USA entwickeltes Editionsverfahren, das zwar häufig in Quelleneditionen verwendet wird, aber eine davon unabhängige Logik entwickelt. Das Editionsverfahren bevorzugt die Dokumentation des textlichen Befundes des originalen Textzeugen. Thomas Tanselle ist der Begründer des Verfahrens, das sich von den auswählenden Verfahren (Eclectic Edition) der Copy-Text-Theorie ebenso wie von normalisierenden und modernisierenden Verfahren abgrenzte (Tanselle 1978). Es legt besonderen Wert darauf, konsequent Orthographie, Grammatik, Groß- und Kleinschreibung, Abkürzungen, Streichungen und Interpunktion jedes einzelnen Textzeugen zu erhalten. Stillschweigende Emendationen mißachten in dieser Logik die Erkenntnisse, die sich aus unsicherer Orthographie oder kreativem Gebrauch von Interpunktion über die Autoren ziehen lassen. Die jüngste Ausgabe des US-amerikanischen Guide to Documentary Edition (Kline/Perdue 2013) schlägt für viele paläographische Phänomene eine symbolische Notation vor und für die verbliebenen die Verwendung von Annotationen. Dieser Guide ist jedoch weniger radikal als die von Tanselle und von Theoretikern wie Jerome McGann weiterentwickelte Editionstheorie (McGann 1983), so dass heute die Bezeichnung Documentary Editing jede Edition von textlichen ‘Überresten’ im Sinne der Quellentypologie Johann Gustav Droysens (1937, S. 38–50) meint, die besonderen Wert auf die präzise Wiedergabe des linguistischen und paläographischen Befundes legt (vgl. dazu auch diplomatische Transkription).

Literatur:

Zitiervorschlag:

Vogeler, Georg. 2021. Documentary Editing. In: KONDE Weißbuch. Hrsg. v. Helmut W. Klug unter Mitarbeit von Selina Galka und Elisabeth Steiner im HRSM Projekt "Kompetenznetzwerk Digitale Edition". Aufgerufen am: . Handle: hdl.handle.net/11471/562.50.72. PID: o:konde.72