KONDE - Kompetenznetzwerk Digitale Edition

Weißbuch

Text / Dokument (Fokus: Literaturwissenschaft – Bsp. Musil) TEI Download PDF Download

Fanta, Walter; walter.fanta@aau.at / Boelderl, Artur R.; artur.boelderl@aau.at

Eine wichtige textologische Prämisse für textgenetische Editionen im digitalen Medium betrifft die Unterscheidung und Trennung von Text und Dokument bzw. von Repräsentation und Präsentation. Text und Dokument bezeichnen mediale Aspekte der Quelle, Repräsentation und Präsentation den Modus der Vermittlung. ‘Text’ ist der in Sprache und Schrift gefasste, gedanklich erfassbare Inhalt – also eine immaterielle Kategorie, das Werk in allen seinen Bestandteilen. ‘Dokument’ ist der Textträger, „materielles Substrat textlicher Überlieferung“ (Gabler 2007, Abs. 2) – also die Bücher, die Zeitschriften und Zeitungen, in denen das Werk publiziert ist und − für die genetische Betrachtung vor allem wichtig − die Manuskripte des Nachlasses. Edition kann mit Hans Walter Gabler begriffen werden als Akt der Vermittlung zwischen Text und Dokument: „Edieren heißt, Texte von und aus Dokumenten abzuleiten.“ (Gabler 2007, Abs. 15)

Mit den Medien, die zum Einsatz gelangen – Druck oder digitale Medien −, können einerseits Texte, andererseits Dokumente entweder repräsentiert oder präsentiert werden. Der Modus ‘Repräsentation’ bedeutet die Übertragung des Textes oder des Dokuments in ein anderes Medium, d.h. Text oder Dokument sind in dem anderen Medium in allen Einzelheiten vertreten, Texte durch akkurate Wiedergabe aller ihrer Zeichen, Dokumente durch stellvertretende Wiedergabe aller die Materialität ausdrückenden optischen Elemente. Der Modus ‘Präsentation’ bedeutet, Texte oder Dokumente in einem anderen Medium so verändert an ein Publikum zu vermitteln, dass sie von diesem rezipiert werden können (z. B. durch literarische Lektüre oder wissenschaftliche Nachnutzung). Unter dieser Voraussetzung bedeutet Annotation in einer digitalen textgenetischen Edition die Anreicherung der Repräsentation des Textes mit Information über das Dokument; auf der Ebene des Dokuments betrachtet ist die digitale Repräsentation als digitale Abbildung mit Information über den Text angereichert. Bei beiden Arten der Anreicherung handelt es sich um Annotation von Metadaten.

Dieser Beitrag wurden im Kontext des FWF-Projekts "MUSIL ONLINE – interdiskursiver Kommentar" (P 30028-G24) verfasst.

Literatur:

  • Clausen, Hans; Klug, Helmut. 2019. Die textgenetische Darstellung des Romans Der Mann ohne Eigenschaften von Robert Musil auf MUSIL ONLINE. In: Textgenese in der digitalen Edition. Hrsg. von Anke Bosse und Walter Fanta. Berlin, Boston, S. 229–249.
  • Gabler, Hans Walter. Das wissenschaftliche Edieren als Funktion der Dokumente. URL: http://computerphilologie.digital-humanities.de/jg06/gabler.html

Zitiervorschlag:

Fanta, Walter; Boelderl, Artur R. 2021. Text / Dokument (Fokus: Literaturwissenschaft – Bsp. Musil). In: KONDE Weißbuch. Hrsg. v. Helmut W. Klug unter Mitarbeit von Selina Galka und Elisabeth Steiner im HRSM Projekt "Kompetenznetzwerk Digitale Edition". Aufgerufen am: . Handle: hdl.handle.net/11471/562.50.27. PID: o:konde.27