Mader, Franziska; franziska.mader@aau.at / Boelderl, Artur R.; artur.boelderl@aau.at
Theoretisch lassen sich im Diskurs zur Intertextualität zwei Ansätze
unterscheiden: ein textdeskriptiver und ein texttheoretischer. Ersterer fokussiert
„nachweisbare[ ], spezifische[ ] Textbeziehungen“ (Komfort-Hein 2012, S. 187), der zweite geht von einem entgrenzten
Textbegriff aus und versteht Textualität grundsätzlich als dynamisches Netzwerk,
in dem die Zeichen miteinander kommunizieren. In einer Digitalen Edition lassen sich textdeskriptive
intertextuelle Bezüge in unterschiedlichem Ausmaß annotieren: einerseits als
markiertes Zitat (Bsp. 1). Attributiv können dann der Grad der Markierung – ob es
sich um ein markiertes Zitat oder eine Anspielung handelt – und der zitierte Text
angeführt werden. Andererseits kann in Fällen, in denen sich ein Text wiederholt
und explizit mit einem anderen Text auseinandersetzt, der gesamte Referenztext
angeführt werden (Bsp. 2). Die Annotation kommt ohne Blacktext aus, kodiert aber die Verknüpfung zum
Referenztext attributiv als @source
(Quelle) und führt dessen Basisinformationen im <head>
-Element an. Im Unterschied zum konkreten
Zitat verweist die Annotation in diesen Fällen auf den zitierenden Text mit Hilfe
des <ref>
-Elements (reference). Verbleibt die textuelle Beziehung im Œuvre einer Autorin oder
eines Autors, spricht man von intratextuellen Bezügen; diese Bezüge können z. B.
Text- bzw. Entstehungsvarianten oder motivische Mehrfachverwertungen sein (s.
Stichwort Intratextualität).
Bsp. 1:
<div resp="#FM" corresp="#s002">
<head>Charakter</head>
<p>
<quote type="allusion" source="nzl.xml#pb_153"
corresp="#bib_nietzsche_wissenschaft_1887">Man muß heute Charaktere wohl
mit der Laterne suchen gehn; wahrscheinlich macht man sich noch dazu
lächerlich, wenn man bei Tag mit einem brennenden Licht umhergeht.</quote>
<ref target="http://www.nietzschesource.org/#eKGWB/FW-125"/>
</p>
</div>
Bsp. 2:
<div resp="#FM" corresp="#s003">
<head>Mach: Analyse der Empfindungen</head>
<p>
<quote source="mach_ade_1902.xml" sameAs="bib.xml#bib_mach_ade_1902"/>
<ref corresp="musil_diss_1908.xml"/>
</p>
</div>
Dieser Beitrag wurden im Kontext des FWF-Projekts "MUSIL ONLINE – interdiskursiver Kommentar" (P 30028-G24) verfasst.
Literatur:
- Genette, Gérard; Bayer, Wolfram; Hornig, Dieter. 2015. Palimpseste: die Literatur auf zweiter Stufe Palimpseste. Frankfurt am Main.
- Komfort-Hein, Susanne. 2012. Intertextualität. In: Germanistik. Sprachwissenschaft – Literaturwissenschaft – Schlüsselkompetenzen. Hrsg. von Heinz Drügh, Susanne Komfort-Hein und Andreas Kraß. Stuttgart, Weimar, S. 86–190.
- Kristeva, Julia. 1972. Bachtin, das Wort, der Dialog und der Roman. In: Literaturwissenschaft und Linguistik. Ergebnisse und Perspektiven. Band 3. Hrsg. von Jens Ihwe. Frankfurt am Main, S. 345–375.