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Weißbuch

Synopse TEI Download PDF Download

Rieger, Lisa; lrieger@edu.aau.at

Unter Synopse versteht man im Allgemeinen eine knappe Zusammenfassung oder Übersicht, in der Literaturwissenschaft bezeichnet sie jedoch genauer die „parallele Wiedergabe versch. Fassungen eines literar. Werkes“ (Best 1991, S. 513). Dazu folgt der Grundform des Textes über alle Bearbeitungsstufen hinweg die parallele Wiedergabe sämtlicher Varianten, Korrekturen und Ergänzungen. (Plachta 1997, S. 106 f.) Da in den jeweiligen Zeilen nur die abweichenden Stellen wiedergegeben werden, kennzeichnen die Lücken in den untereinanderstehenden Zeilen jene Stellen, an denen der Text der darüberliegenden Zeile weiterhin gültig ist. (Nutt-Kofoth 2007, S. 16)

Die synoptische Darstellung bietet sich v. a. bei Autoren an, die sämtliche Ansätze ihres Textes sofort zu Papier bringen – bei sogenannten ‘Papierarbeitern’ – und dadurch immer wieder eine große Anzahl von Veränderungen, oft sogar auf unterschiedlichen Textträgern, vornehmen. Sie wird meist für Texte in Versform herangezogen, da die vorgegebene Form des Verses von Korrekturen normalerweise unberührt bleibt, während Prosatexte über kein formales Schema verfügen und Änderungen somit auch in beliebiger Länge und Anzahl vorgenommen werden können. (Scheibe 1988, S. 143–147) Der Vorteil der synoptischen Darstellung liegt in der Darstellung vollständiger Texte, wodurch bei nur geringem Platzbedarf stets der gesamte Kontext erhalten bleibt. Durch flexible Einschubmöglichkeiten kann die Synopse zudem die Textentwicklung chronologisch genauer darstellen als Einzeldarstellungen. Für die Darstellung stark voneinander abweichender Textträger ist die Synopse allerdings ungeeignet. (Zeller 1996, S. 99 f.)

In Digitalen Editionen findet man heute oft die synoptische, d. h. parallele Darstellung von Faksimile und Text, fallweise aber auch Textsynopsen (z. B. in den Editionen Lyrik des deutschen Mittelalters oder Der Welsche Gast). (Jannidis/Kohle/Rehbein 2017, S. 235) Wie bei der Buchpublikation von synoptischen Darstellungen ist auch bei der Onlinepublikation die Größe der Darstellungsfläche (Bildschirm) oft ein Problem beim Design des Interface.

Literatur:

  • Best, Otto. 1991. Handbuch literarischer Fachbegriffe. Definitionen und Beispiele. Überarbeitete und erweiterte Ausgabe Handbuch literarischer Fachbegriffe. Frankfurt am Main.
  • Jannidis, Fotis; Kohle, Hubertus. 2017. Digital Humanities. Eine Einführung. Mit Abbildungen und Grafiken Digital Humanities. Stuttgart.
  • Nutt-Kofoth, Rüdiger. 2007. Editionsphilologie. In: Handbuch Literaturwissenschaft. Gegenstände - Konzepte - Institutionen. Hrsg. von Thomas Anz. Stuttgart, Weimar, S. 1-27.
  • Plachta, Bodo. 1997. Editionswissenschaft. Eine Einführung in Methode und Praxis der Edition neuerer Texte Editionswissenschaft.
  • Scheibe, Siegfried. 1988. Zur Anwendung der synoptischen Variantendarstellung bei komplizierter Prosaüberlieferung. Mit einem Beispiel aus Franz Fühmanns "Das Judenauto". In: editio 2, S. 142–191.
  • Zeller, Hans. 1996. Die synoptisch-textgenetische Darstellung. Dafür und dawider. In: editio 10, S. 99–115.

Zitiervorschlag:

Rieger, Lisa. 2021. Synopse. In: KONDE Weißbuch. Hrsg. v. Helmut W. Klug unter Mitarbeit von Selina Galka und Elisabeth Steiner im HRSM Projekt "Kompetenznetzwerk Digitale Edition". Aufgerufen am: . Handle: hdl.handle.net/11471/562.50.174. PID: o:konde.174