Im KONDE-Projekt, das aus Hochschulraumstrukturmitteln finanziert wird, beschäftigten sich sieben universitäre Partner und drei weitere Einrichtungen aus unterschiedlichen Blickwinkeln mit theoretischen und praktischen Aspekten der Digitalen Edition. Ein Outcome des Projektes stellt das Weißbuch dar, welches über 200 Artikel zum Thema Digitale Edition umfasst. Die behandelten Themenkomplexe reichen dabei über Digitale Editionswissenschaft im Allgemeinen, Annotation und Modellierung, Interfaces, Archivierung und Metadaten bis hin zu rechtlichen Aspekten.
Digitale Editionen beinhalten fast immer neben Transkripten und anderen Materialien auch Faksimiles der Originaldokumente, üblicherweise in Form von Digitalisaten. Der (rechtliche) Status solcher Digitalisate ist in Österreich bislang ungeklärt.
Urheberrechtlich ist in den meisten Fällen davon auszugehen, dass eine Fotografie als ‘Werk der bildenden Künste’ bzw. Lichtbildwerk gilt, da die Schwelle der Schöpfungshöhe bei Lichtbildwerken sehr niedrig angesetzt wird und jeder Schnappschuss darunter fällt. Selbst in Fällen, in denen die Schöpfungshöhe nicht erreicht wird, besteht jedoch ein Leistungsschutzrecht für Lichtbilder (UrhG §74), d. h. das Lichtbild ist als Leistung des Fotografen bzw. der Fotografin geschützt, selbst wenn es sich nicht um ein Werk handelt.
Unklar ist, wie in diesem Sinne Digitalisate, also Scans, zu bewerten sind: Grundsätzlich ist die Reprografie als ‘ein der Photographie ähnliches Verfahren’ zu bewerten, womit an der Reproduktion selbst Leistungsschutzrechte der jeweiligen Bearbeiterin bzw. des jeweiligen Bearbeiters entstehen würden.
Nach anderer Auffassung stellt ein Scan – insbesondere wenn es sich dabei um eine maschinelle Reproduktion handelt, die keine technische oder fachliche Expertise erfordert – lediglich eine Vervielfältigung dar, an der selbst keine Rechte entstehen.
Die EU-Urheberrechtsrichtlinie 2019/790 über das Urheberrecht und verwandte Schutzrechte im digitalen Binnenmarkt sieht jedenfalls vor, dass Vervielfältigungen von Werken der bildenden Künste, die gemeinfrei (also außerhalb der urheberrechtlichen Schutzfristen) sind, ebenfalls gemeinfrei bleiben. Die Umsetzung der Richtlinie in nationales Recht muss bis 7. Juni 2021 erfolgen.